Verantwortung ist mein persönlicher Schwerpunkt des Jahres 2024. Deswegen habe ich mich entschieden den Großteil der Bücher, die ich dieses Jahr lesen werde, danach auszuwählen ob sie mich in diesem Thema weiterbringen können. Ob das gelingt, beschreibe ich. Legen wir los mit:
“Das Jahr des Hasen” von Arto Paasilinna
“Zwei Männer fuhren zur Mittsommerzeit eine Sandstraße entlang. Sie waren übermüdet und die untergehende Sonne, die durch die staubige Frontscheibe drang, blendete sie. Die finnische Landschaft zog an ihnen vorüber, aber die Schönheit des Abends ließ sie vollkommen gleichgültig.”
Ein trüber Start der dazu einlädt mal genauer auf das eigene Handeln zu schauen um zu prüfen, ob das so sinnvoll ist, was die beiden Herren tun. Dazu braucht es aber einen Anstoß. Die beiden fahren einen Hasen an und einer der beiden – namens Vatanen – steigt aus, sucht das Tier und verbindet dessen gebrochenen Hinterlauf. Beide entscheiden sich im Wald zu bleiben. Der eine fährt weiter und bleibt in seinem Leben mit der staubigen Frontscheibe. Der andere Kaarlo Vatanen, einfach nur Vatanen genannt. Zieht mit dem Hasen weiter und zerschneidet seine alten Bande zu Job, Stadt und Frau.
Der Hase bleibt bei ihm. Die Pfote heilt. Die beiden werden unzertrennliche Freunde und erleben eine Menge Abenteuer gemeinsam. Vatanen rettet den Hasen unter anderem vor aufgehetzen Hunden, der Gattin eines schwedischen Militärattachés. einem schießenden Pfarrer und einem Skilehrer mit einer besonderen Vorliebe für Tieropfer, die er aus seiner Beschäftigung mit den Riten finnischer Schamanen gewonnen hat und einem Bären, den er bis über die russische Grenze jagt. Der Hase bleibt Vatanen treu und folgt ihm ungeachtet aller Entbehrungen.
Vatanens Leben ändert sich. Er nimmt sein Handeln in Besitz und entscheidet sich gegen sein altes Leben in Helsinki für ein neues Leben mit weniger festen Bindungen und mehr Freiheit. Er verdient sein Geld mit harter Arbeit im Finnischen Wald und der Instandsetzung von Hütten. Wenn er Menschen kennenlernt, die er mag verbringt er gerne Zeit mit ihnen um zu angeln, Schnaps zu trinken oder Sex zu machen. Für mich der Schlüsselsatz:
“So ein Leben kann jeder führen, wenn er es nur fertigbringt, auf sein früheres Leben zu verzichten.”
Mensch gegen System
Vatanen hat sich befreit. Dabei hat er im Wortsinn eine Grenze überschritten. Auf sein Handeln gibt es seine Perspektive. Es gibt aber auch die Sicht des Systems. Das klingt dann so:
“Er hatte (1) mehrfachen Ehebruch begangen. Er hatte (2) die Behörden in die Irre geführt indem er (3) und (4) keine An- und Abmeldung des Wohnsitzes vorgenommen hatte […] Er hatte (5) mehrere Tage ein Wildtier ohne entsprechende Genehmigung mit sich geführt.”
Das geht dann so weiter bis 22 illegale Bärenjagd. Achtund Spoiler. Vatanen kommt also in’s Gefängnis. Der Perspektivwechsel findet dabei auf zwei Ebenen statt: Zum einen verändert sich die Sprache. Vatanen selbst würde nicht von Ehebruch oder dem Mitsichführen eines Wildtiers. Er hat in dem Hasen einen Freund gefunden, den er beschützen will. Zum anderen ändert sich die Bewertung. Es geht nicht mehr um Freiheit und Selbstverantwortung sondern es geht um Regeln und die Macht ein Urteil fällen zu können.
Was nehme ich mit?
Verhaltensänderungen brauchen manchmal einen Auslöser, in diesem Fall einen Crash. In solchen Situationen ist es hilfreich, innezuhalten um neue Impulse zu spüren, neue Möglichkeiten zu entdecken und ihnen folgen zu können. Wenn ich etwas Neues mache, muss ich etwas altes aufgeben. Ich muss mich entscheiden, für das eine, gegen das andere. Diese Entscheidung kann ich bewusst oder unbewusst machen. Ich treffe sie erst mal nur für mich alleine. Wenn ich etwas anders mache, mache ich auch andere Erfahrungen und erlebe neue Dinge. In Vatanens Fall stehen die Stadt, die Kultur und das geregelte Leben auf der einen Seite. Dem gegenüber steht das Leben in der Natur, mit weniger festen Bindungen und einer größeren Einfachheit. Das klingt sehr romantisch. Eine der Flüchte aus Tagträumen. Wenn’s mal nicht so läuft. Einfach alles aufgeben und der Nase nach.
Neben eigenen Freiheit, der Freiheit der Seele gibt es aber auch noch die Freiheit der Öffentlichkeit. Ich meine damit die Möglichkeit das was ich vorhabe auch äußern und umsetzen zu können. Geht also das eine ohne das andere? Kann ich für mich alleine frei sein, trotz der äußeren Grenzen? Das Ende des Buches gibt dazu eine Antwort.
Lies selbst!
Hallo Matthias,
ich war gerade am schauen, welche Scrum-Berater ich eigentlich kenne, und so bin ich eben auf Deiner Seite gelandet, und dadurch auf Deinem Blog.
Mir fiel ein, dass ich mal ein paar Texte von Dir bzgl Eures Roadtrips in Skandinavien gelesen hatte.
hast Du eigentlich schon ein eigenes Substack?
Ich lese Deine Texte immer wieder gerne.
Finde Du hast eine sehr angenehme Art, zu schreiben, bzw. zu denken.
Hoffe es geht euch gut.
Beste Grüße aus Hamburg,
Jan